143 QM-Vorgaben umsetzen – einer der häufigsten Fehler

QM-Vorgaben umsetzen: Wir brauchen die Unterstützung unserer Kolleg:innen!

Sind wir ehrlich zu uns selbst, dann können wir im QM ohne die Unterstützung anderer Menschen nur auf dem Papier viel bewegen. Letztlich müssen andere Menschen das, was wir ersonnen haben, jeden Tag in die Tat umsetzen und das QM-System somit erst richtig zum Leben erwecken. Oder am Leben erhalten. 

Um einen der wichtigsten Gründe, warum das oft nicht passiert, passt die Frage, ob Du als QM dich öfter als Spiegel oder als Fenster verhältst.

Die Episode als YouTube-Video:

Alternativlos. Wirklich?

Oft verhalten wir uns im Qualitätsmanagement so, als ob es zu dem, was wir vorgeben, keine Alternative gibt. Und so, als müsse das jede Person verstehen und anerkennen. Entscheidend ist, wie Du argumentierst. Jetzt lösen wir die Frage mit Spiegel und Fenster auf. Wo wir etwas vorgeben, kommt es mehr oder weniger häufig zu Fehlern, Übertretungen oder dazu, dass etwas nicht eingehalten oder nicht umgesetzt wird.

In diesen Fällen agieren wir sehr oft als Spiegel. Wir sagen den Kolleg:innen, was sie „wieder nicht richtig gemacht haben“ und was für schlechte Menschen sie doch sind. Wir denken, das ist Feedback, mit dem etwas anzufangen ist. Doch diese Art der Argumentation und Kritik führt bei vielen Menschen zu Widerstand, der oft nicht direkt geäußert wird.

Irgendwann später – zum Beispiel in Audits – fällt dann auf, dass Absprachen oder schriftlich fixierte Vorgaben nicht eingehalten werden. Als Reaktion kontrollieren wir öfter. Sind skeptischer, verlieren Vertrauen in unsere Kolleg:innen. Ein äußerst negativer Kreislauf!

Wie kann es anders gehen?

Sei ein Fenster.

Was bedeutet da? Erkläre den Kolleg:innen, was der positive Aspekt dessen ist, was umgesetzt werden soll. Das Warum dahinter. Stelle Dir vor, dass wir uns in unserem eigenen fachlichen Raum befinden. Selten benutzen wir die Tür zu anderen Räumen. Nutzt du für Deine Argumentation nur den Spiegel, bleibt die Person in ihrem derzeitigen Raum, bekommt von Dir aber gesagt, was alles nicht richtig läuft oder es wird gar mit Konsequenzen gedroht.

Wirkst Du als Fenster und nutzt die Möglichkeit, zu zeigen, wie eine veränderte Situation auf der anderen Seite des Fensters aussehen kann, dann sind Menschen viel eher bereit, die Perspektive zu wechseln. 

Gemeinsam statt einsam

Ein weiterer Unterschied zwischen Spiegel und Fenster: Bist Du ein Spiegel, dann stehst Du auf einer anderen Seite als Deine Kolleg:innen. Ihr schaut in unterschiedliche Richtungen und es herrscht Distanz zwischen Euch. Als Fenster bietest Du die Möglichkeit, gemeinsam in die gleiche Richtung zu blicken und Euch eine fachliche Situation vorzustellen, die für Euch und Euer Unternehmen attraktiv und erstrebenswert ist.

"Spiegel-Situationen"

Es gibt Situationen, in denen ist es notwendig, Menschen den Spiegel vorzuhalten. Zum Beispiel, wenn sie durch „gutes Zureden“ nicht zur Einsicht gelangen. Oder wenn man sich in einer Krise befindet, also sofortige und strikte Einhaltung von Vorschriften und Vorgaben zwingend notwendig ist. 

Wie so oft kommt es also auf die jeweilige Situation an. Öfter das Fenster statt der Spiegel zu sein wird Dir in jedem Fall dabei helfen, einen höheren Umsetzungsgrad durch andere Menschen zu erreichen. Und nicht zuletzt wird die Zusammenarbeit für alle Beteiligten deutlich angenehmer, als wenn Du nur Kontrolleur:in oder Polizist:in spielst.

So kannst Du starten

Überlege Dir, wie Du Dich in den letzten Gesprächen mit Mitarbeitenden anderer Abteilungen verhalten hast. Erkennst Du Spiegel- oder Fensterverhalten wieder? Trifft der Spiegel zu, frage Dich, ob Dein Verhalten notwendig war und ob der Wechsel der Perspektive möglicherweise zu besseren Ergebnissen hätte führen können. 

In ähnlichen Situationen in Zukunft kannst Du dann die Argumentation als Fenster ausprobieren und findest über die Zeit heraus, was funktioniert. Viel Spaß beim Ausprobieren und Weiterentwickeln. 

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Die Software ist nicht die Lösung aller Probleme – aber ein sehr wichtiger Teil davon

Software und Apps für Qualitäts-, Prozess- und Projektmanagement überschwemmen seit einigen Jahren den Markt. Viele versprechen, besser, schneller, flexibler und intuitiver zu sein, als alles, was es bisher auf dem Markt gab.

Doch wenn die Nutzer der Anwendungen sich nicht gleichermaßen mit den neuen Möglichkeiten entwickeln, kommen Unternehmen keinen Schritt weiter und schieben nicht selten nach kurzer Zeit der Frustration die Schuld für Akzeptanz- und Performanceprobleme den Softwareherstellern in die Schuhe.

Sind sie tatsächlich die Urheber der vielerorts anzutreffenden Unzufriedenheit mit der teilweise teuer erkauften Softwarelösung, die angeschafft wurde, um endlich die strukturellen Probleme zu lösen?

Analogien aus der Astronomie verdeutlichen, dass es mehrere entscheidende Faktoren für die sinnvolle Beschaffung und Implementierung von Business-Software gibt.

Die große Annäherung von Jupiter und Saturn

Ende Dezember 2020 konnten wir am Sternenhimmel die „große Annäherung“ der beiden Planeten Jupiter und Saturn beobachten. Zumindest von der Erde aus kamen sie sich scheinbar immer näher und verschmolzen fast miteinander. Eine Konstellation, die so nur rund alle 20 Jahre vorkommt.

Ähnlich selten starten einige Unternehmen die Beschaffung neuer Software, zum Beispiel für Qualitätskontrolle, Qualitätssicherung oder Prozessmanagement. Zu kostspielig und zeitaufwendig sind solche Projekte.

Hier besteht die „große Annäherung“ darin, dass Softwarehersteller behaupten, mit ihrer neuesten Kreation alle Probleme der Kunden verstanden und gelöst zu haben: Größere Flexibilität und Benutzerfreundlichkeit bei maximalem Funktionsumfang.

Verlassen wir unseren eigenen Standpunkt, stellen wir fest, dass Jupiter und Saturn trotz scheinbarer Nähe noch rund 750 Mio. Kilometer voneinander entfernt sind. Auch die Distanz zwischen Leistungsversprechen und Nutzererlebnis ist bisweilen riesig:

  • Alles was in Sachen Flexibilität über den Standard hinausgeht, wird teuer bezahlt.
  • Je höher der Funktionsumfang, desto geringer die Benutzerfreundlichkeit.
  • Die Softwarehersteller verstehen angeblich die Anforderungen der Kunden. Da viele Kunden selbst nicht so genau wissen, was sie brauchen und wollen, stimmt diese Aussage aber oft nicht.

Wenn Sie Kunde eines Unternehmens sind, auf den diese drei Punkten nicht zutreffen, können Sie sich glücklich schätzen und Sie sollten dort bleiben. Es wäre sicher spannend zu erfahren, wie Ihre große Annäherung mit diesem Unternehmen abgelaufen ist.

Die Suche nach einer zweiten Erde

Viele Unternehmen hegen die Hoffnung, dass ihre Prozessprobleme durch die Einführung neuer Software gelöst werden. Das ist vergleichbar mit dem Start von bemannten Missionen zu Mond und Mars um dort Raumstationen aufzubauen, oder der Suche nach Exoplaneten in der so genannten habitablen Zone um ihren jeweiligen Stern. Also der Zone, in der sich potenziell Leben entwickelt haben könnte.

Wir hoffen, dass die Probleme, die wir Menschen selbst verursachen, durch den Umzug zu einem anderen Planeten gelöst werden könnten. Doch wie soll das funktionieren, wenn das Gedankengut (Neudeutsch „Mindset“) mit umzieht?

Wenn sich das Konzept nicht ändert und wir nicht vor Projektstart innerlich aufräumen, haben wir innerhalb kurzer Zeit wieder die gleichen Probleme. So auch bei der Anschaffung neuer Software.

Viele Unternehmen pressen ihre überholten, komplizierten und teilweise unnötigen Prozesse in das Grundgerüst der neuen Software und nennen es „ihren Anforderungskatalog“. Dabei geht es seltener darum, was gebraucht wird und warum, sondern sehr oft um das Wie. Damit sich möglichst nichts an den Workflows ändert. Angeblich erhöht das die Akzeptanz der Mitarbeitenden.

Wie soll irgendeine Software so unsere konzeptionellen Probleme lösen? Wie könnte eine zweite Erde unsere Zivilisation sichern, wenn wir selbst das Problem sind?

Softwarehersteller…

  • sollten aufhören, so zu tun, als ob ihre Lösung für alle Branchen und Kunden passend ist. Die Qualitätskontrolle mit mikrobiologischen Verdünnungsreihen ist einfach etwas ganz anderes, als die physische Vermessung von Bauteilen.
  • sollten mehr Energie in die Entwicklung und Verbesserung ihrer Anwendungen für größeren Kundennutzen stecken, anstatt vorrangig an ihren Lizenzmodellen zu arbeiten.

 

Kunden…

  • sollten aufhören zu glauben, dass „Insellösungen“ immer schlecht sind und dass sie all ihre Anforderungen über eine einzige Software werden lösen können. Die Konnektivität zwischen Anwendungen wird immer besser. Und immer mehr Unternehmen haben verstanden, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, horrende Summen für die Programmierung von Schnittstellen zu verlangen.
  • sollten sich endlich darüber im Klaren sein, dass die Verwendung neuer Werkzeuge allein keine konzeptionellen, strukturellen und prozessoralen Probleme löst. Sie können der Startschuss eines entsprechenden Projektes sein. Aber die Innovation geschieht schon in der Planungsphase, wenn das neue Prozessdesign festgelegt wird.

Unterm Strich brauchen wir mehr Ehrlichkeit. Ehrlichkeit mit uns selbst aber auch Ehrlichkeit unserer Lieferanten und Vertragspartner gegenüber dem, was tatsächlich möglich und realistisch ist. Wenn wir das erreichen, dann erreichen wir gleichzeitig die gewünschte Annäherung und fühlen uns auf der Erde wohl, die wir bewohnen, ohne ständig nach einem neuen Ort zu suchen, der unsere selbstgemachten Probleme auch nicht lösen wird.

Wo liegt das Zentrum?

Aus meiner Sicht liegt das Zentrum dort, wo wir die Probleme unserer Kunden lösen und ihre Bedürfnisse befriedigen, anstatt unnötige Abhängigkeiten zu schaffen oder Produkte anzubieten, die keinen echten Nutzen stiften.

Das bringt mich ein letztes Mal zur Astronomie. Auch unserer Sonnensystem kreist um etwas. Um das Zentrum der Milchstraße. Für einen Umlauf, das so genannte „Galaktische Jahr“ benötigt unser Sonnensystem ungefähr 225 Mio. Jahre – seit der Entstehung unserer Sonne vor rund 4,6 Mrd. Jahren sind ziemlich genau 20 galaktische Jahre vergangen.

Wenn wir uns alle mehr mit der Existenzberechtigung unserer Unternehmen beschäftigen, nämlich dem Stiften von Kundennutzen, so divers dieser auch ist, dann haben wir eine gute Grundlage für langfristigen und partnerschaftlichen Erfolg gelegt.

Nach astronomischen Maßstäben ist unser Leben sehr kurz. Auf jeden Fall deutlich zu kurz um uns langfristig über Software zu ärgern. Sehen Sie sie also als das an, was sie ist: Ein immer großartigeres Werkzeug um die Probleme Ihrer Kunden noch besser zu lösen.

Über den Autor Florian Frankl

Seit über 15 Jahren ist Florian Frankl im Qualitätswesen der Lebensmittelindustrie aktiv. Darüber hinaus hilft er als Trainer und Berater unter der Marke Q-Enthusiast Menschen und Unternehmen dabei, Werkzeuge guten Managements einfach und lebendig zugänglich und nutzbar zu machen.

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