Kennen Sie diese Situation?

Sie haben mit einem Kunden zu tun und haben ständig das Gefühl, der Kunde hat keine Ahnung von Qualität? Und Sie fühlen sich vom Bedürfnis geradezu übermannt, ihn darauf aufmerksam zu machen.

Mir ging es jedenfalls schon oft so. Vor allem in Bezug auf einzelne Personen – allerdings nicht nur auf Seiten eines Kunden. Ebenso häufig im eigenen Haus oder bei Lieferanten. Einfach nur zu glauben, der Kunde hätte keine Ahnung, greift aus meiner Sicht zu kurz. Personen haben immer ein Motiv für ihre Handlungen. Insofern können Sie sicher sein, dass die Entwicklung des Verständnisses von Qualität aus einem bestimmten Grund so entstanden ist, wie es sich bei diesem Kunden zeigt.

Doch lassen Sie uns erst bei Ihnen anfangen.

Was ist Ihr Ziel?

Warum wollen Sie Ihrem Kunden sagen, dass Qualität in seinem Haus missverstanden wird? Wollen Sie nur Recht haben? Oder halten Sie das Handeln des Kunden für geschäftsschädigend oder gar gefährlich für die Kunden des Kunden?

Wenn Sie Ihren Kunden kritisieren, gehen Sie ein Risiko ein. Und Sie sollten sich dessen bewusst sein. Insbesondere als einzelne Person, die mit ihrer Meinung eventuell nicht die Meinung des eigenen Unternehmens repräsentiert.

Sie riskieren mindestens, dass sich der Kunde Ihrer Kritik nicht annimmt und Sie auf die Erfüllung des eigentlichen Auftrags hinweist. Sie könnten allerdings auch einen oder mehrere Aufträge verlieren. Natürlich gibt es auch etwas zu gewinnen: Mit einem besseren Qualitätsverständnis können Sie Ihren Kunden erfolgreicher machen. Sie können damit das Leben seiner Kunden oder Konsumenten positiv verändern.

Weitere Fragen die Sie sich stellen sollten:

  • Ist Ihr Kunde trotz (oder gerade wegen) seinem speziellen Qualitätsverständnis erfolgreich?
  • Wie sehen die Mitarbeiter dieses Unternehmens den Begriff „Qualität“ definiert und warum?
  • Was haben Sie bzw. Ihr Unternehmen davon, wenn Sie den Kunden verändern wollen?

Diese Fragen zu beantworten, kann anstrengend sein. Darum ist die Klärung Ihres eigenen Ziels wichtig. Erst dann können Sie einschätzen, ob sich die Mühe lohnt. Selbst wenn eine Person aus meiner Sicht ein vollkommen schräges Verständnis von Qualität und Qualitätsmanagement hat, versuche ich zu verstehen, ob dahinter möglicherweise ein verborgener Sinn schlummert. Über den vordergründig nicht gesprochen wird. Eventuell kann ich von dieser Person oder dem Unternehmen etwas lernen.

Nur beobachten wird vermutlich nicht helfen. Sie können verschiedenen Personen Fragen stellen. Fragen, die nicht als Angriff oder Kritik verstanden werden können. Sie können zum Beispiel sagen, dass Sie eine Problemstellung bei Ihren anderen Kunden anders realisiert gesehen haben und dass Sie nun wissen wollen, warum dieses Unternehmen das auf seine eigene Weise tut. Wenn Ihnen nichts böses zu unterstellen ist, werden Sie eine Antwort bekommen, die Sie weiterbringen kann.

Mehrwert aufzeigen um Veränderung zu erwirken

Es gibt grob gesagt zwei Wege, Menschen zu Veränderung zu bewegen. Der schlechtere Weg ist, dieser Person Bestrafung oder negative Konsequenzen in Aussicht zu stellen, wenn keine Änderung stattfindet. Die bessere Variante ist die Aussicht auf positive Veränderungen: Mehr Erfolg, Anerkennung oder die Befriedigung eines anderen Bedürfnisses. Diese Bedürfnisse können sehr individuell sein. Deshalb muss auch Ihr Ansatz sehr individuell gewählt werden.

Die Person sollte zur Einsicht gelangen, dass eine Veränderung des eigenen Denkens und Handelns für sie ganz konkret von Vorteil ist. Sie starten nicht mit der Erklärung dessen, was „falsch“ läuft und wie es besser geht. Sondern Sie beschreiben die verbesserte Situation nach einer Veränderung. Und wenn diese Beschreibung Interesse weckt, können Sie erklären, wie das genau zu machen ist. Eventuell mit Ihrer Hilfe als Dienstleister.

Wann Petzen angebracht ist

Gerade dann, wenn eine Einzelperson oder eine Abteilung für einen missbräuchliche Interpretation des Begriffs Qualität oder der Leitsätze des Unternehmens verantwortlich ist, könnten wir dazu neigen, einfach „nach oben“ zu gehen und auf den Misstand hinzuweisen. Dem Geschäftsführer sagen, dass „der QMB nichts taugt“.

Ich halte eine solche Eskalation nur dann für ratsam, wenn es sich um Rechtsverstöße oder um Gefahr für Leib, Leben und Umwelt handelt. Wenn Sie so etwas entdecken, müssen Sie handeln. Dann sollten Sie natürlich keine eigenen „Recherche-Spielchen“ betreiben.

In allen „gewöhnlichen Fällen“ halte ich das nicht für sinnvoll. Schon aus Ihrem eigenen Interesse. Wenn Sie zum Beispiel einen Geschäftsführer darauf aufmerksam machen, dass sein Qualitätshäuptling von Qualität nichts versteht, dann kritisieren Sie indirekt die Personalentscheidung des Geschäftsführers.

Davon ist er wahrscheinlich wenig begeistert. Es kann natürlich auch sein, dass er schon von den Schwächen seines Mitarbeiters weiß. Und ich glaube nicht, dass Ihr Kommentar etwas ändert. Man wird vermutlich keine Kündigung mit dem Argument aussprechen „der Lieferant hat mir gesagt, dass…“.

Fazit

„Mein Kunde hat kein Qualitätsverständnis“ ist zunächst eine subjektive Einschätzung. Bevor Sie in die Kommunikation gehen, sollten Sie ein besseres Verständnis für die Definition von Qualität in diesem Unternehmen haben. Leider gibt es eine solche Definition nur in den wenigsten Unternehmen. Da müssen Sie dann zwischen den Zeilen lesen.

Wenn Sie gehofft haben, von mir 10 Tipps nach dem Motto „Wie sag ich es meinem Kunden“ zu bekommen, muss ich Sie leider enttäuschen. Wie so oft müssen wir in solchen Situationen bei uns anfangen und Verständnis entwickeln sowie uns unserer Ziele klar werden. Erst dann macht es Sinn, in die Kommunikation zu gehen. Mit der beschriebenen Art und Weise sind die Chancen aus meiner Sicht nach wie vor nicht berauschend aber am größten, dass sich auf der Kundenseite etwas bewegt.

In diesem Artikel bzw. dieser Episode erfährst Du, welches die wahrscheinlich größte Herausforderung im QM ist. Du bekommst außerdem Tipps, wie Du mit dieser Hürde umgehen kannst, um ein besseres berufliches Leben als Qualitätsmanager:in zu bekommen.