Dokumentation im QM – eine Frage der Haltung

Zwei sich scheinbar widersprechende „Grundsätze“ finde ich im Qualitätsmanagement immer wieder vor:M

So viel wie nötig,
so wenig wie möglich
Was nicht dokumentiert ist,
wurde nicht gemacht

Und, was stimmt jetzt? Wie so oft kommt es darauf an 🙂 

Jedenfalls haben beide Sätze auch in Sachen QM-Dokumentation ihre Berechtigung. Wir kommen später zu diesem Thema zurück, bilde Dir inzwischen gerne Deine eigene Meinung dazu.

Unterschiedliche Arten von Dokumenten im QM und anderen Bereichen

Eine Differenzierung, die mir sehr gut gefällt, teilt Dokumente in drei Kategorien ein:

Übersichtsdokumente

Bei diesem Typ geht es darum, eine Übersicht zu gewinnen. Es wird nichts geregelt und keine Verantwortung zugewiesen. Allenfalls wird eine vage Beziehung hergestellt. Beispiele: Prozesslandkarten, Prozessbeschreibungen oder das Organigramm. Je nach Gestaltung des Dokuments sind hier eventuell Vorgaben enthalten. Der Übergang ist also fließend.

Vorgabedokumente

Hier werden Verfahren beschrieben und Anweisungen dokumentiert. Wer muss was zu welchem Zeitpunkt und in welcher Reihenfolge erledigen?

Was passiert, wenn Fall X eintritt? Und wo sind Ergebnisse festzuhalten? Verfahrens- oder Arbeitsanweisungen, Standard Operating Procedures (SOP) oder One Point Lessons (OPL) sind Beispiele dieses Typs.

Nachweisdokumente

Als Nachweis wird festgehalten, was in der Vergangenheit geschehen ist. Nachweise dienen zum Beispiel einer späteren Beweisführung, oder der Auswertung früherer Ergebnisse.

Auch hier gibt es unterschiedliche Anwendungen. Ein Auditplan beispielsweise wird oft als „Formblatt“ also Nachweisdokument bezeichnet. Dabei gibt es vor, was für die Zukunft geplant ist. Vorwärts gerichtete Informationen können kein Nachweis sein, denn die Zukunft ist offen

Dabei lohnt sich zu wissen, dass die ISO 9001:2015 keine Unterscheidung dieser Art mehr beinhaltet. Hier wird nur von „Dokumentierten Informationen“ gesprochen. Das Wort „Vorgabe kommt im Text der Norm nicht vor. Wenn es um Nachweise geht, steht dort der Nachweis unter anderem in folgenden Kontexten:

  • Nachweise der Konformität
  • Nachweise der Ergebnisse
  • Nachweise der Verwirklichung
In Kapitel 7.5 der ISO 9001:2015 sind weitere interessante Angaben zu „dokumentierten Informationen“ zu finden. Häufig ist von Angemessenheit die Rede: Angemessenes Format, angemessene Prüfung und so fort. Das gibt Dir viel Gestaltungsspielraum! 
 

Wie viele Dokumente braucht unser QM-System?

Hier greift er wieder, der Grundsatz: „So viele wie nötig, so wenige wie möglich“. Für mich hat sich das Bild der Pyramide bewährt. Vorgaben bilden die Spitze in Sachen Anzahl. Das gewährleistet die Flexibilität. Regle, was aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder Kundenanforderungen notwendig ist und was sich in Deiner Firma als nützlich erwiesen hat (zum Beispiel, weil Fehler passiert sind). 

Die Basis der Pyramide bilden die Nachweise. Sammle so viele nützliche Nachweise, Aufzeichnungen und Daten, wie sinnvoll verwertet werden können. Sie helfen Dir nicht nur, wenn Du mal einen Sachverhalt nachweisen oder beweisen musst. Sie helfen Dir auch bei Ursachenanalysen und der Verbesserung Deiner Prozesse. Dabei solltest Du stets auch darauf achten, wie aufwendig es ist, die Nachweise anzufertigen. Du willst schließlich die Mitarbeiter Deines Unternehmens nicht zu Schreibkräften degradieren.

Hier eine Übersicht in Pyramidenform:

Dokumentation im QM - Arten und Hierarchie von Dokumenten

Diese Pyramide gilt zumindest bezüglich der Anzahl. Wenn um die Gewichtigkeit geht, mag sie genau andersherum mehr Sinn ergeben. Die Basis besteht aus den Vorgaben. Ein starkes Fundament, das die wichtigsten Prozesse und Verantwortlichkeiten regelt. Und erst darüber wird es feingliedriger, bis es in die Spitze mündet. Das Bild eines Baumes mit dem Stamm als Vorgaben und den Ästen als Nachweise wäre auch denkbar.

Eine pauschale Antwort auf die Frage, wie viele Dokumente ein Unternehmen bestimmter Größe haben sollte, kann man nicht seriös geben. Es kommt auf Dein Unternehmen, die Branche, die Produkte, Eure Kunden und gesetzliche Anforderungen an.

Meine 3 „goldenen Grundsätze“ für sinnvolles Dokumentenmanagement

Vorgaben:

So viele wie nötig, so wenige wie möglich

Nachweise:

So viele wie möglich, wenn sie sinnvoll erfassbar und nutzbar sind

Keine Redundanzen:

Zum Beispiel die gleichen Regelungen und Informationen auf unterschiedlichen Dokumenten

Vor allem der letzte Punkt birgt ein Risiko. Nämlich dann, wenn bei einer Aktualisierung nicht alle Dokumente erfasst und aktualisiert werden. Klassisch sind zum Beispiel Namen, die auf verschiedenen Dokumenten stehen. Scheidet jemand aus, wird fast unter Garantie ein Ort vergessen, an dem im Audit noch ein alter Name steht. 

Für die Hörer habe ich zusätzlich zu diesen Regeln noch fünf klassische Doku-Mythen zusammengetragen. Wenn sie Dich interessieren, dann höre Dir die Podcast-Folge ab Minute 15:50 an (dazu einfach ganz oben auf Play klicken oder tippen). 

Mein Fazit

An der richtigen Stelle ist Dokumentation im QM und anderen Bereichen eine äußerst nützliche und (lebens-) notwendige Angelegenheit. Umso wichtiger ist, dass Du Dich intensiv mit dem auseinandersetzt, was wirklich der Regelung und Aufzeichnung würdig ist. Natürlich ist mir klar, dass es zwischen zu viel und zu wenig Dokumentation nur einen schmalen Grat gibt und es sehr unternehmensspezifisch ist, was notwendig und sinnvoll ist. Ständige Beobachtung und Anpassung sind die Schlüssel für langfristigen Erfolg. Dein Doku-System muss so flexibel sein, wie das Umfeld Deines Unternehmens.

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